Freitag, 22. Februar 2008

23.02.2008

Seit einer Woche bin ich nun in Malawi. Aber ich habe das Gefühl, schon länger hier zu sein, weil ich jeden Tag so viel Neues erlebe.
Deshalb weiß ich auch gar nicht, womit ich anfangen soll...
Vielleicht beschreibe ich erst einmal, wie es hier genau aussieht: Ich lebe zusammen mit zwei anderen Freiwilligen (Claudia und Monika) in einem kleinen Haus neben der Kommunität der Franziskanerinnen, in deren Projekt ich mitarbeite. Einige Mahlzeiten essen wir mit den Schwestern und an drei Tagen beten wir auch mit ihnen die Vesper.
‚Das Projekt‘ ist eine Schule (1. – 8. Klasse), an der Aidswaisen (Kinder, die ihre Mutter oder ihren Vater wegen Aids verloren haben) unterrichtet werden. Aber auch andere Kinder besuchen diese Schule, diese müssen allerdings Schulgebühren bezahlen. In der Schule bekommen die Waisenkinder Frühstück und Mittagessen; außerdem gibt es für sie ein Betreuungszentrum, in dem sie sich nachmittags aufhalten und zum Beispiel nähen lernen. Zudem wird von den Schwestern ein Kindergarten geleitet. Und es gibt auch noch ein Krankenhaus, das früher von den Schwestern geleitet wurde, aber jetzt unabhängig ist.
Ich werde wohl vor allem in der Schule mitarbeiten, und wahrscheinlich Englisch, Sport und Mathe unterrichten. In den Schulferien werde ich wahrscheinlich im Krankenhaus mithelfen und zwischendurch auch im Kindergarten. Aber meinen genauen Arbeitsplan legen wir Anfang nächster Woche fest.
In der letzten Woche war ich in der Schule und habe mir den Unterricht angeschaut und etwas mitgeholfen. Es ist eine ganz andere Art von Unterricht, was wohl an der anderen Mentalität, aber auch an der Klassenstärke liegt. Etwa 70 Kinder sind in einer Klasse – aber im Vergleich zu staatlichen Schulen, mit über 150 Schülern, ist das noch recht angenehm.
Ich bin schon gespannt, wie es sein wird, selbst so eine Klasse zu unterrichten. Aber nach so viel Beobachten, freue ich mich auch schon...
In dieser Region von Malawi spricht man ‚Chichewa‘. Ich habe es auch schon ein wenig gelernt und bin ganz erleichtert, weil es einfacher ist als ‚Malayalam‘ (keine anderen Schriftzeichen, die Aussprache ist nicht so schwer und die Wörter sind eingängiger).
Aber natürlich ist nicht nur die Sprache anders als in Kerala.... Es ist ganz spannend und manchmal auch schwierig, wieder in einer anderen Kultur zu leben. Zum Beispiel begrüßt und verabschiedet man sich hier von jedem einzelnen und fragt, wie es demjenigen geht. In Kerala war das gar nicht üblich, weil man einfach alle gemeinsam begrüßt hat und sich meistens kaum verabschiedet hat... Viele solche ‚Kleinigkeiten‘ sind hier eben wieder anders, aber die Schwestern, Lehrer, Schüler und Angestellten, die ich bis jetzt kennengelernt habe, sind sehr nett und hilfsbereit. Deshalb hält sich der Kulturschock auch in Grenzen und ich fühle mich hier in Malawi schon sehr wohl!
Allerdings habe ich hier in Madisi wirklich keinen Internetzugang und muss dafür in die Hauptstadt Lilongwe fahren, was ich wahrscheinlich nur alle zwei Wochen tun werde (ca. eine Stunde Fahrt). Trotzdem freue ich mich über Rückmeldungen oder auch über echte Briefe...
Ganz liebe Grüße,
Clara

In der Schulpause: Die Kinder bekommen Pala (Maisbrei) - schmeckt ganz lecker....


Im Lehrerzimmer


Bei der Sport AG - wir spielen mit dem Schwungtuch



Monika und ich vor unserem Haus (ich konnte das Bild mal wieder nicht drehen...)

Sonntag, 10. Februar 2008

09.08.2008

Mittlerweile nehme ich schon Abschied von Indien. Das Land und die Leute sind mir wirklich ans Herz gewachsen und der Abschied ist gar nicht so einfach. Also werde ich in dieser Rundmail beschreiben, von wem und von was mir der Abschied besonders schwer fällt.
Es sind vor allem die Menschen, die ich lieb gewonnen habe. Zum Beispiel eine befreundete Sozialarbeiterin (Thankam) und ihr Mann, die Sarah und mich wie ihre eigenen Kinder behandelt haben. Wir haben besonders mit Thankam während und außerhalb der Arbeit viel zusammen gemacht. Ich habe ja auch schon mal in einer Rundmail über sie geschrieben. Sie ist - finde ich - ein sehr beeindruckender Mensch und ich habe so viele schöne, lustige und schwierige Situationen mit ihr zusammen erlebt, dass es schwer ist, Abschied von ihr zu nehmen.
Ansonsten gibt es sehr viele Menschen, mit denen ich weniger intensiv zu tun hatte, aber die sehr herzlich zu mir waren. Zum Beispiel die älteren Menschen bei den Seniorentreffen, Kinder in den Kinderkrippen, ehrenamtliche Helfer und natürlich Studenten und Angestellte am College.
Es ist schwer zu beschreiben, was mir den Abschied von diesen Menschen schwer macht, weil ich ja mit den Einzelnen nicht immer so viel zu tun hatte. Aber sie haben mich nie wie eine Fremde behandelt, sondern sehr bald wie einen alten Freund. Wahrscheinlich hört sich diese Beschreibung ein bisschen kitschig an, aber es ist wirklich war, sobald man jemanden zum zweiten oder dritten Mal trifft, wird man begrüßt und behandelt wie ein alter Freund, auch wenn man sich erst einmal für 5 Minuten gesehen hat.
Auch meine Arbeit hier werde ich vermissen. Es war immer so abwechslungsreich: zwei verschiedene Organisationen, unterschiedliche Projekte, viele Dörfer und noch viel mehr Menschen habe ich kennengelernt. Dabei habe ich so viel über Entwicklungszusammenarbeit gelernt und mir sind viele Zusammenhänge und Probleme klarer geworden. Aber auch von den Aktivitäten mit den Menschen fällt der Abschied schwer – zum Beispiel Spiele mit den älteren Menschen, bei denen wir oft viel Freude hatten und wir uns schon bei meinen Erklärungen gut amüsiert haben... (Malayalam ist eben nicht gerade meine Muttersprache). Oder gestern haben wir in einer Kinderkrippe ein Jugendprogramm gemacht: „Spoken English“. Es ist immer so schön, wie die Menschen bereit sind, sich auf meine Ideen einzulassen und auch meine Art Programme zu gestalten gerne mitmachen...
Außerdem wird mir der Abschied von der Lebensweise hier schwerfallen. Für mich sind vor allem die Spontaneität, die Flexibilität, die Gastfreundschaft und die Kontraste kennzeichnend für die Lebensweise.
Spontaneität und Flexibilität: Eine Situation, die mir dazu einfällt, ist ein Ausflug zu einem Elefantencamp, den wir mit Thankam und ihrer Schwester unternommen haben. Zweimal haben wir den Versuch gemacht die Elefanten dort anzuschauen, aber beide Male war geschlossen. Also haben wir uns spontan umentschieden und ein anderes ‚Ausflugsziel‘ überlegt. Außerdem wird zu den meisten Veranstaltungen (z.B. Hochzeiten) wenige Tage vorher eingeladen... Man ist eben immer bereit, die Situationen so anzunehmen, wie sie gerade ist.
Die Gastfreundschaft: Hierzu könnte ich Romane schreiben. Egal wo ich war, wurde ich immer hereingebeten; und meistens wurde mir etwas zu trinken oder zu essen angeboten oder wenigstens ein Stuhl zum Sitzen...
Die Kontraste: Einerseits finde ich die Kontraste oft toll und beeindruckend. Von der unglaublich lauten, chaotischen und wuseligen Stadt Kochin braucht man nur eine halbe Stunde Busfahrt, und man ist in der Inselgegend, wo ich jetzt arbeite: mitten im ruhigen Dorfleben. Oder man geht durch eines dieser Dörfer, zwischen ganz einfachen Häusern und Hütten, sieht die Frauen beim Wasserholen; aber gleichzeitig dröhnt aus einem Haus ‚Westmusik‘– naja, oft sind es die Backstreetboys: Quit playing games with my heart.... Oder man sieht eine superchic gekleidete Frau, mit ihrem brandneuen Handy und Mofa auf einer Fähre, die eigentlich ein etwas besseres Floß ist.
In diesem Ramen gefallen mir die Kontraste zwischen Stadt und Land, alt und modern, und ‚fortschrittlich‘ und einfach/ improvisiert sehr gut, weil sie die ganze Vielseitigkeit hier wiederspiegeln.
Aber andererseits sind es genau diese Kontraste, die ich nicht verstehe und nachvollziehen kann. Zum Beispiel, als wir den Slum in Mumbai besucht haben, und ein Mann von dort bei jedem Flugzeug hochgeguckt hat, und uns gefragt hat: „Wie ist es denn in so einem Flugzeug? Ich stelle mir jedesmal vor, auch einmal darin zu sitzen und in ein anderes Land zu fliegen...“
Oder wenn man durch die Innenstadt geht, an den riesigen Kaufhäusern vorbei, die innen ganz sauber und klimatisiert sind, aber am Straßenrand davor türmen sich Müllberge.
Und auch die Unterscheidung zwischen Männern und Frauen – das Wohnheim für männliche Studenten schließt um 23.00 Uhr, das für Studentinnen um 19.00 Uhr(!).
Das alles fällt mir manchmal schon ganz schön schwer hier in Indien.
Ich muss sagen, dass meine Anordnung sehr schlecht ist: Von dem, was mir am Wichtigsten ist, zu dem, was mir schwer fällt... Jetzt kann man wirklich den Eindruck bekommen, dass ich froh bin das Land zu verlassen. Aber das wollte ich überhaupt nicht... Ich finde Indien toll –trotz vieler Probleme. Und ich bin sehr, sehr froh, hier am Rajagiri College gewesen sein zu dürfen.
Außerdem glaube ich, dass mir die Erfahrungen von hier auch in Malawi weiterhelfen können. Aber es wird dort wohl eine ganz andere Erfahrung werden, weil ich ja in einem festen Projekt mitarbeiten werde: eine Schule und Zentrum für Aidswaisen. Dazu werde ich demnächst dann schreiben... Allerdings wird es sehr selten für mich möglich sein, ins Internet zu gehen. Trotzdem möchte ich jeden Monat eine Rundmail verschicken und freue mich auch über Antworten. Nur werde ich wahrscheinlich kaum mehr persönlich antworten. Bitte nehmt/ nehmen Sie mir das nicht übel!
Innerlich bin ich schon oft in Malawi und freue mich, dass es am Freitag losgeht!
Ganz liebe Grüße und alles Gute!
Clara



Beim 'Basketballspielen' mit den Senioren....


Drei ganz liebe Frauen bei den Seniorentreffen.


Unsere 'Spoken English Class'



Ein Picknick bei unserem Ausflug zum Elefantencamp...


Mein Lieblingsobststand und "Ette-Pazham", die es nur in Kerala gibt: sehr lecker, werde ich auch vermissen!


Ein Gruppenbild beim Besuch von Kripa - ein Projekt zur Unterstuetzung von koerperlich Behinderten. Ihnen wird hier eine Ausbildung ermoeglicht.


Die Eroeffnung eines 'Health Camps'. Wir hatten die Ehre die Oehllampe anzuenden zu duerfen!